NEUE LEHRBERUFE

NEUE LEHRBERUFE

Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Anforderungen an die Berufe – und damit direkt auch die Ausbildung der künftigen Fachkräfte. Doch KI ist nicht der einzige Grund, warum sich Lehrberufe verändern oder gänzlich neue Ausbildungen angeboten werden.

Wie schnell es durch KI zu Änderungen kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Laut Michael Katzlberger, Geschäftsführer der Wiener Agentur 3LIOT.ai, zählen dazu etwa die technologische Entwicklung und die Akzeptanz der KI in den verschiedenen Branchen. Er rechnet mit ersten sichtbaren Veränderungen im Jahr 2024. „Aber es ist unwahrscheinlich, dass Ausbildungen überflüssig werden, bevor sie abgeschlossen sind“, so der gebürtige Welser. Dennoch sollten Auszubildende auf zukünftige Veränderungen vorbereitet sein. „Menschen, die sich schnell an Marktveränderungen anpassen und Innovationen vorantreiben können, werden klar im Vorteil sein“, so Katzlberger.

ANFORDERUNG DER BETRIEBE

Laut Eva-Maria Schupfer, MSc, Abteilungsleiterin Bildungspolitik und Leiterin der Lehrlings- und Meisterprüfungsstelle in der Wirtschaftskammer (WKO) Oberösterreich, ist der digitale und technische Fortschritt sehr rasant. Um weiterhin wettbewerbsfähig zu sein, wird die Ausbildung stetig angepasst, damit die Fachkräfte von Morgen für neue Herausforderungen gewappnet sind. „Es geht nicht nur um KI, sondern auch um digitale Qualifikationen, die damit verbunden sind“, betont Schupfer. 2019 hat sich etwa aufgrund der E-Bikes mit dem „Fahrradmechatroniker“ ein völlig neuer Lehrberuf entwickelt. In der dualen Ausbildung verbringen Lehrlinge 80 Prozent ihrer Zeit im Betrieb und rund 20 Prozent in der Berufsschule. Durch die stete Analyse und Modernisierung der Lehrberufe gibt es eine Aktualitätsgarantie. „Es werden alle fünf Jahre sämtliche Inhalte der Lehrberufe überarbeitet, damit auch Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung Eingang finden. Green Skills etwa sind in vielen Facetten der Lehre wiederzufinden“, erklärt die Ausbildungsexpertin.

SO ENTSTEHEN NEUE LEHRBERUFE

Mit der Lehrlingsausbildung wird versucht, allen Anforderungen gerecht zu werden und das breite Spektrum abzubilden. Die vermittelten Fähigkeiten sollen die beste Ausbildungsqualität für Auszubildende sicherstellen und zudem in einer breiten Palette von Betrieben (Groß- bis Kleinbetriebe und unterschiedliche Branchen) umsetzbar sein. „Der Anstoß zu einer neuen Ausbildung kann von verschiedenen Richtungen kommen und setzt auch einen nachhaltigen Bedarf am Arbeitsmarkt voraus“, erklärt Eva-Maria Schupfer. In Oberösterreich ist der Spezialisierungsgrad der Betriebe hoch. „Es gibt über 200 verschiedene Berufsbilder für die entsprechende Ausbildungsleitfäden entwickelt wurden“, so Schupfer.

DAS IST NEU

Ehe eine bestimmte berufliche Tätigkeit in die Lehrberufsliste aufgenommen wird, zeigt ein vom Wirtschaftsministerium angeordneter Ausbildungsversuch, ob die fest- gelegten beruflichen Tätigkeiten, die Dauer der Ausbildung und die Gegenstände der Abschlussprüfung geeignet sind. Die Ausbildungsversuche zur „Tierärztliche Ordinationsassistenz“ sowie „Zahnärztliche Fachassistenz“ haben diese Prüfung bestanden und sind jetzt sogenannte Regellehrberufe.

Kosmetik (Kosmetologie) und Fußpflege (Podologie) werden ab sofort als Doppellehrausbildung mit vier Lehrjahren angeboten. Damit wurde auf die Anforderungen der jeweiligen Berufe und die branchenspezifischen Entwicklungen reagiert. Diese Änderung führte zu Veränderungen (Novellierungen) in den jeweiligen Lehrberufen. „Eine Novellierung ändert nicht den Beruf selbst, sondern ist eine Veränderung von vertiefenden Kompetenzen. Bei der Fußpflege betrifft das etwa den Fokus auf Hygiene und Gesundheit, Kommunikation und das Gewährleisten des persönlichen Wohlempfinden der Kunden“, erklärt Eva-Maria Schupfer.

Eine Neukonzeptionierung steht für zwei Lehrberufe an. „Elektrotechnik“ ist mit rund 10.000 Lehrlingen österreichweit ein beliebter Ausbildungsweg für Fachkräfte im Bereich der Energiewende. Das neue Berufsbild besteht, aufbauend auf dem zweijährigen Grundmodul, aus den vier Hauptmodulen „Elektro- und Gebäudetechnik“, „Energietechnik“, „Anlagen- und Betriebstechnik“ und „Automatisierungs- und Prozessleittechnik“ sowie zehn weiterführenden optionalen Spezialmodulen. Die Spezialmodule vermitteln erweiternde Kompetenzen in den Bereichen Gebäudetechnik, Smart Home, Erneuerbare Energien und Elektromobilität und Netzwerktechnik sowie sechs eisen- bahnspezifische Ausbildungen. „Dadurch sollen die Elektrikerinnen und Elektriker schon während ihrer Lehrausbildung zukünftig noch besser auf den Bedarf und die Erfordernisse der grünen Transformation vorbereitet werden“, informierte Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher in einer Aussendung. Darüber hinaus wurde der Lehrberuf Fleischverarbeitung überarbeitet. Das neue Berufsbild bildet die aktuellen Qualitätsstandards der Branche ab und unterstützt die Orientierung an regionalen und nachhaltigen Produkten.

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